Wir erfuhren nicht nur, dass zum Beispiel der Kompass, das Schiesspulver oder die mechanische Uhr chinesische Innovationen sind, sondern auch von der Strategie Chinas zum wichtigen Innovationsakteur bis 2020 zu avancieren. Mit der beispiellosen wirtschaftlichen Entwicklung Chinas werden eigene Innovationen nötig (zum Beispiel im Infrastrukturbereich, also Transport, Trinkwasserversorgung etc), um neuen Herausforderungen gegenüber treten zu können.
Im ersten von drei Inputreferaten sprach Professor Du Debin vom Institute of Chinese Innovation der East Chinese Normal University über die Geographie der R&D (F&E) Aktivitäten von multinational enterprises (MNE). Er zeigte, wie dominant und deshalb auch wichtig Shanghai und Beijing für ausländische MNE im Bereich Forschung und Entwicklung bereits sind und noch wichtiger werden. Eine der Gründe ist die Pfadabhängigkeit, die deren Standortwahl stark beeinflusst. Beijing hat sich als Hochtechnologie-Standort entwickelt, während Shanghai mehr F&E Investitionen im Bereich der Maschinenindustrie anzieht. Ein Grund dafür ist auch die Rolle des Staates, welcher mit seinem Engagement die Entwicklung in Beijing stark beeinflusst hat. Aber auch die chinesischen Zulieferer der ausländischen multinationalen Firmen haben dazu geführt, dass diese Städte durch komparative Vorteile zu dominanten Zentren (über 50% der totalen F&E Ausgaben von MNE) in diesem Bereich wurden.
Professorin Weiping Wu von der Virgina Commonwealth Universität in den USA berichtete im zweiten Inputreferat über die Entwicklung des Wissenschaftssektors in China und sprach über das Thema der University-Industry-Linkages (UIL). Sie beschrieb den sehr kleinen akademischen Sektor von China, der aber an Bedeutung gewinnen muss und auch wird, um China als sogenannte „emerging economy“ langfristig mit gutem Humankapital und letztendlich Innovationen zu versorgen. Das heute noch bescheidene chinesische Innovationssystem könnte dank unternehmerischen Universitäten wachsen. Aus diesem Grund sind die positiven Trends der UIL aufgrund Technologie-Verträge und neben institutionellen vor allem auch marktwirtschaftlichen Instrumenten bedeutend für China. Es wird aber noch ein gewisser Weg für China zu beschreiten sein, hin zu effizienteren UILs mit kleinerem Ungleichgewicht zwischen Universitäten und Industrie.
Foto: Amber Cai von Novartis
Amber Cai berichtete als dritte Referentin über das Novartis R&D Center in Shanghai und warum und mit welchen Zielen dieses Schweizer Unternehmen in China ist. Der wachsende chinesische Markt aufgrund der alternden Bevölkerung und unterschiedliche Krankheiten aus dem asiatischen Raum, aber auch ein grosser Talentpool und gute staatliche Unterstützung für ausländische Unternehmen werden als Gründe aufgeführt. Aus „geographischer Sicht“ bietet Pudong in Shanghai ideale Möglichkeiten, weshalb sich Novartis seit 2006 mit einem integrierten F&E Center, fokussierend auf akademische und industrielle, lokale als auch globale Partner, positioniert hat. Flexible Kollaborationsmodelle mit Unternehmen und Universitäten bieten die nötigen Inputs und Netzwerke. Auf die Charakteristiken und Zukunft der Forschung in China angesprochen nannte Frau Cai das learning by doing und Clustereffekte, die wirksam werden für die UILs. Zudem fügte sie die schwachen Regelungen hinsichtlich des geistigen Eigentumsrechts an, welche den guten Leistungen und dem grossen Potential gegenüberstehen. Dazu gehört auch die Eigenschaft, den Prozess besitzen zu wollen, was aber in Zukunft geändert werden muss.Die drei Inputreferate hatten viele spannende, oft auch stark geographische Aspekte, angesprochen, wie die Bedeutung des Raumes, die Vernetzung und unterschiedliche hierarchische Formen. Es hat sich bei allen gezeigt, dass mehr F&E nötig sein wird, um die zunehmenden Herausforderungen bewältigen zu können. Ein Aspekt, mit welchem wir bis anhin auf der Exkursion noch nicht konfrontiert wurden.
Nach dieser doch eher deftigen Vorspeise (für den letzten Exkursionstag) war erst einmal eine kleine Pause nötig, die individuell doch ganz intensiv genutzt wurde. Nun, da war von Protokoll schreiben für die letzten Tage, über intensive Suche nach einem Buchladen bis hin zu einem Konsumverhalten, welches fast zu einer Straftat, zumindest aber zur Belustigung von ca. 50 Chinesen geführt hatte, alles drin. Nicht zu erwähnen, dass dies einmal mehr mit einer Verspätung endete. Ob das wohl typisch chinesisch ist?
Nichtsdestotrotz, die Hauptspeise liess nicht mehr lange auf sich warten und es war wahrlich ein Gericht, das nochmals so viele Facetten von China ansprechen sollte. Der Besuch bei Schindler AG, dem ersten, bereits 1982 im chinesischen Markt aktive Unternehmen stand an. In einem interessanten Referat des Forschungsdirektors China erfuhren wir Fakten über dieses Mobilitäts-Unternehmen mit Mutterhaus in Ebikon, Schweiz und erhielten eine neue, differenzierte Sichtweise auf die Zusammenarbeit von MNEs in und mit China. Ein weltweites Netzwerk und die Anwendung des Plattform Managements sorgen bei Schindler für die Bewältigung der „intellectual property challenge“ in China. Dieses Problem erstaunt uns wenig, haben wir doch aufgrund etlicher Besuche auf Märkten mit gefälschten/low-budget Waren erkannt, welche Fertigkeiten die Chinesen im Bereich der „secondary“ innovation haben. Um weiterhin die nötige Marktmacht zu haben, setzt Schindler auch stark auf Innovation vor Ort im Sinne der Adaption an örtliche Anforderungen. Damit kann gezielt auf die Wünsche in Bezug auf Geschwindigkeit, Grösse oder Ausstattung des Liftes eingegangen werden. Ein chinesisches F&E Team in Shanghai und Suzhou sorgt dafür, dass diese „lokale Nähe“ zu einem Markt mit ungeheuerem Potential optimal genutzt wird. Damit eine gewisse Kontinuität entsteht und die Fluktuation der Angestellten tiefer als üblich bleibt, werden besondere Anstrengungen unternommen. Es wird uns eindrücklich gezeigt, wie man dieses Problem, anders als auch schon vernommen, angegangen werden kann.
Foto: Unsere Gruppe beim Besuch bei Schindler China
Auf der heutigen Menükarte stand am Abend ein besonders leckeres Dessert in Form eines Abschlussessens mit Rückblick und Synthese der Exkursion, auf dem Programm. Dieses wurde angemessen mit dem Inputreferat von Michael Regli zu Innovationssystem in China eingeleitet. Es folgte eine kurzweilige Reflexion der letzten Tage mit sehr unterschiedlichen Eindrücken sowie ein brainstorming über die verschiedenen wirtschaftsgeographischen theoretischen Konzepte und Debatten, in denen sich die Eindrücke dieser Exkursion einordnen lassen.
Die darauf folgende Menüwahl im schweiz-chinesischen joint-venture „Cottons“ viel mehrheitlich westlich aus, ein Zeichen, dass der Gaumen nach zwei Wochen gerne wieder mal Käse statt Tofu und Rahm statt Soya geniessen wollte. Dieser offizielle Teil wurde mit einem grossen Dankeschön für die perfekte Organisationsleitung beendet.
Foto: Luxus-Karossen Vor dem Club in Shanghai
Als kleiner „Verdauungsschnaps“ für die ganze Exkursion schlug Daniel noch eine Exklusivität in Form eines Hongkongers Partyclub vor, der uns besser bekam als vielen asiatischen Besuchern. Dies tat unserer Partystimmung keinen Abbruch und so wurde fleissig bis tief in die Nacht (respektive Morgen) getanzt.
Fabian Streiff
(Fotos: Heike Mayer)
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