Montag, 27. September 2010

Institutsausflug, 24. September 2010: Grabenöle in Lüterswil – Oberbüren – Büren an der Aare

Böse Zungen könnten behaupten, dass auf den Exkursionen der Wirtschaftsgeographie stets schlechtes Wetter herrscht. Trotz Nässe oder Kälte sind unsere Ausflüge aber immer von einer guten Stimmung und durch ein interessantes Programm geprägt. Nachdem zu Semesterauftakt der Altweibersommer frohlockte, kreuzte ein Tief aus dem Westen unsere Pläne für den diesjährigen Institutsausflug, den unsere Gruppe organisierte. Gewappnet mit Regenjacken und Schirmen machten wir uns von Bern aus auf den Weg Richtung Lüterswil im Kanton Solothurn. Auf dem Programm standen ein Besuch in einer Ölmühle aus dem 16. Jahrhundert, die Besichtigung eines mittelalterlichen Wallfahrtsortes sowie eine Führung durch die Kleinstadt Büren an der Aare. Thematisch befassten wir uns an diesem Tag mit Fragestellungen zu Entschleunigung, Slow Food, Slow Cities, sowie Kleinstädte in unserer Region und deren Herausforderungen und Chancen.

Fotos: Mühle in Lüterswil und altes Mühlrad

Der Besuch in der Ölmühle am Mühlibach in der Waldlichtung bei Lüterswil gewährte uns einen spannenden Einblick in die Mechanik einer wasserbetriebenen Mühle, die noch regelmässig vom Ehepaar Schiess für die Ölherstellung genutzt wird (Infos unter: http://www.grabenoele.ch/). Frau Schiess demonstrierte wie Baumnüsse im Kollergang zermahlen werden, dann die Maische im Wärmeofen mit Rührwerk erhitzt wird und wie das Öl schlussendlich in der Keilpresse gewonnen wird. Beim anschliessenden Apéro kosteten wir leckeren Nusskuchen und Holundersirup aus eigener Produktion während Heike Mayer die Slow Food sowie die Slow City Bewegung vorstellte.

Foto: Frau Schiess führt durch die Mühle und demonstriert die Arbeitsschritte

Nach einem Spaziergang durch Wald und Wiesen, führte uns Hansruedi Egli in die Geschichte eines bedeutenden Wallfahrtsortes in Oberbüren ein. Die Skulptur einer Feder erinnert heute an die Geschichte des Ortes, an dem zu mittelalterlichen Zeiten totgeborene Kinder getauft wurden. Uns wurde dann erst bewusst, welche Bedeutung diese Region bis zur Reformation hatte.

Foto: Prof. Egli stellt die Geschichte des Wallfahrtsortes in Oberbüren vor

Nach diesem informativen Zwischenstopp in Oberbüren ging es weiter nach Büren an der Aare, wo wir von Gemeindepräsidentin Claudia Witschi empfangen wurden. Sie stellte uns Büren an der Aare vor und führte uns durch den Stadtkern. Das anschliessende Abendessen im Gasthof zur Alten Post in Büren schloss einen interessanten und abwechslungsreichen aber auch gemütlichen Ausflug ab.

Fotos: Besuch bei Gemeindepräsidentin Claudia Witschi in Büren a. A.

PS: Das gute Wetter für die nächsten Exkursionen ist bereits bestellt!

Heike Mayer

(Fotos: Heike Mayer)

Sonntag, 25. Juli 2010

China Exkursion: Rückblick

China - So ganz anders

Nach zwei Wochen unterwegs in China hat man sich schon etwas an die ganz anderen Umstände, Lebensbedingungen und Regeln gewöhnt. Manche von uns begannen sogar schon, chinesische Angewohnheiten anzunehmen. Doch sind wir am Anfang fast nicht aus dem Staunen herausgekommen. An jeder Strassenecke ist uns wieder etwas Neues, etwas Fremdes, etwas Aussergewöhnliches aufgefallen. Wir haben überladene Dreiräder, herunterhängende Kabel oder schlecht übersetzte Plakate (Chinglish) fotografiert und darüber geschmunzelt. Dieser letzte Eintrag widmet einigen dieser vielen grösseren und kleineren (kulturellen) Eigenheiten und Unterschieden Chinas zur Schweiz.

Foto: Yasemin Willi im "Toutist Bookstore"

Schon am Flughafen leuchten sie einem entgegen, die für uns unverständlichen chinesischen Zeichen. Sie sind überall und pflastern ganze Hochhäuser voll. Wären nicht die wichtigsten Schilder zumindest in Shanghais Touristenzentren auch in Englisch geschrieben, würden wir überhaupt nichts verstehen. Dass wir uns teils nicht einmal mit Englisch durchschlagen konnten, hinterlässt bei manchen mulmige Gefühle im Magen. Andererseits kann man sich in China trotz Sprachbarriere erstaunlich sorgenarm durchschlagen. Dies schreibe ich vor allem der freundlich neugierigen und hilfsbereiten Art der meisten Chinesen zu. Manchmal zahlen wir Langnasen einfach etwas mehr als die Einheimischen, denn Geschäftsleute sind die Chinesen trotz oder gerade mit ihrer Freundlichkeit allemal.

Einmal in der Metropole angekommen, ist es der chaotische Verkehr, in welchem keine Gesetze, sondern das Recht des Flinkeren gilt, welcher rote Köpfe verursacht. Alle möglichen Fahrzeuge, vom Dreirad des einfachen Bürgers, über das elektrischen Motorrad bis zum Luxuswagen, alle fahren auf der gleichen Spur. Nicht einmal das Trottoir ist den Fussgängern überlassen, wenn es sich für andere Verkehrsteilnehmer als günstig erweist. Und weil die Stadt im Verkehr zu versinken drohte, wurden die wichtigsten Verkehrsachsen mit Hochstrassen ergänzt. Aus dem Taxi hat man von dort einen herrlichen Blick in die Wohnungen der nahen Hochhäuser oder über die älteren niedrigeren Siedlungen.

Foto: Hochstrasse in Shanghai bei Nacht

Trotz Glamour, Lightshows und beeindruckenden Wolkenkratzern, auch im modernen Shanghai sind noch Spuren des alten Chinas erkennbar: Mancherorts hängen die Stromkabel wirr durcheinander für alle sichtbar über der Strasse, andernorts wird der Strassenrand beliebig zur offenen Abfallhalde umfunktioniert, bis sie eine Person des städtischen Putzpersonals wieder wegräumt. In den alten Quartieren, manchmal sogar an den Wolkenkratzern, sind Wäscheleinen mit allerlei Kleidern zu erkennen und Strassenhändler verkaufen auch mitten in der Nacht noch ihre Nudeln oder Reisgerichte. Von diesen kleinen uns neuen Anblicken gäbe es noch unzählige zu benennen. Nicht nur Gegenstände, sondern auch Sitten fallen auf: Männer, die ihre T-Shirts bis unter die Brust hochkrempeln und so herumlaufen, fit gebliebene Senioren, die im Park früh morgens Gymnastik betreiben oder Qi Gong üben, schlürfende Nudelsuppenesser oder chinesische Freunde, die nach dem Essen um die Rechnung streiten. Und nicht nur in den Restaurants, auch auf den Strassen, in den Shopping Malls oder zu Hause geht es oft sehr laut zu und her.

Foto: Old Town in Shanghai

Foto: Einblicke in das alte Shanghai

China hat seit Jahrhunderten Erfahrung in der Führung und Lenkung von Massen. Dies ist uns u.a. an der Expo eindrücklich vor Augen geführt worden. Infrastrukturen waren bewusst auf riesige Besuchermengen angelegt, auch wenn man bei den einzelnen Pavillons dennoch lange anstehen musste. Diese anderen Skalen, in welchen sich China bewegt, werden bei vielen Projekten ersichtlich: Erstens: Was auf dem Reisbrett für 800‘000 Personen geplant wurde, wird danach als anfangs gigantische Geisterstadt umgesetzt. Danach können die Leute aus dem überfüllten Shanghai in die neue Satellitenstadt strömen. Zweitens: All die vielen Chinesen möchten arbeiten und Geld verdienen. Darum fallen uns immer die vielen, sehr arbeitsintensiven, eher ineffizienten Organisationsformen in Geschäften oder Restaurants auf. So können ganze vier Angestellte damit beschäftigt sein, einer einzigen Person ein paar Sportschuhe zu verkaufen. Beim heutigen Stand der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung braucht China diese Arbeitsplätze noch, der Staat hat hier eine grosse soziale Verantwortung. Drittens: Die riesige Anzahl Arbeitskräfte, die China zur Verfügung steht, ist wiederum ein grosser Vorteil für das Land. So können Projekte mit unglaublicher Geschwindigkeit umgesetzt werden, wenn dies denn von den wichtigen Stellen so entschlossen wurde. Pudong oder Suzhou’s neue Zentren sind da nur zwei Beispiele dafür.

Foto: Umgang mit Menschenmassen: Der Zugang zum EXPO-Gelände erinnert an Viehgatter

Foto: Das Modell des neu angelegten Suzhou Industrial Parks

Foto: Neue Wohngebiete in China

„laowai“ – In China sind wir immer Ausländer. Dass wir anders als die 1.4 Mia. Chinesen sind, haben sie uns immer wieder spüren lassen. Gerade als Gruppe haben wir immer mal wieder die Blicke auf uns gezogen. Manchmal wurde uns ein „Chellou“ hinterhergerufen. Und beim Souvenir shoppen mussten wir immer arg um die Preise feilschen, weil diese für Ausländer sowieso höher angelegt werden. Doch sind uns die Menschen freundlich gesinnt, helfen gerne und wollen vielleicht auch mal etwas über dich wissen. In ihren Augen haben wir wohl vieles, wonach sie streben. Der zunehmende Einfluss Amerikas ist nicht nur an Fastfoodketten wie KFC oder McDonalds zu erkennen, sondern auch an den vielen amerikanischen Produkten (DVDs, Kosmetik, Kleider, Musik, etc.) die den chinesischen Markt zusehends überfluten.

Fotos: Die Präsenz von Fastfoodketten und global agierenden Handelsketten ist unverkennbar in China

So anders uns China erscheinen mag, so spannend und eindrücklich ist es. Dieses Land mit seiner uns fremden Kultur vermag zu faszinieren und begeistern. Ich bin überzeugt, dass wir alle in diesen zwei Wochen ganz viel gelernt haben, nicht nur über China sondern auch von China. Denn obwohl das Reich der Mitte mit seiner Entwicklung teilweise immer noch in den Kinderschuhen steckt, so hat es uns in anderen Bereichen schon lange überholt oder Eigenheiten entwickelt, die es so nur dort gibt. Diese Exkursion hat uns die Möglichkeit geboten, einen kleinen Teil dieser uns sehr geläufigen (Made in China) aber doch fremden, anderen Welt zu entdecken, aber dennoch Gemeinsamkeiten zu erkennen und unsere Beobachtungen in Verbindung zu setzen mit unserer europäischen Realität. Die vielen Einblicke, die wir erhielten, sind keine Selbstverständlichkeit, aber eine umso grössere Bereicherung für alle von uns! Darum hier zum Schluss ein herzliches Dankeschön an den geduldigen Organisatoren und talentierten Tourguide Daniel Fäh!

Christina Willi

(Fotos: Heike Mayer)

Freitag, 9. Juli 2010

Shanghai, Tag 13, 9. Juli 2010

Heute, Freitag, stand bereits der letzte offizielle Exkursionstag auf dem Programm und der Tag sollte gespickt sein mit vielen Highlights, die sich wie ein gutes Essen geniessen lassen. Als amuse bouche wurde der morgendliche Treffpunkt um eine Stunde vorgezogen. Kein Problem, die Gruppe ist eingespielt und um 7 Uhr konnte gestartet werden. Wir haben unser Verhalten auch in dieser Hinsicht den Chinesen angepasst, ein Volk von Frühaufstehern. Kaum wird es morgens um 5 Uhr hell, sind die Leute in den Strassen anzutreffen. Wahrlich, die hors-d’oeuvre hatte es in sich, im positiven Sinne. In einem Shanghaier Hotel, dass vom Standard etwa 3 Klassen oberhalb unseres gewohnten Logierklimas war, erwartete uns neben einem sehnlichst herbei gewünschten „westlichen“ Frühstücks ein interessanter Event zum Thema „Innovation and Technology Policy in Shanghai“, organisiert durch die Gruppe Wirtschaftsgeographie der Uni Bern zusammen mit der Swiss Chamber of Commerce in Shanghai.

Wir erfuhren nicht nur, dass zum Beispiel der Kompass, das Schiesspulver oder die mechanische Uhr chinesische Innovationen sind, sondern auch von der Strategie Chinas zum wichtigen Innovationsakteur bis 2020 zu avancieren. Mit der beispiellosen wirtschaftlichen Entwicklung Chinas werden eigene Innovationen nötig (zum Beispiel im Infrastrukturbereich, also Transport, Trinkwasserversorgung etc), um neuen Herausforderungen gegenüber treten zu können.

Im ersten von drei Inputreferaten sprach Professor Du Debin vom Institute of Chinese Innovation der East Chinese Normal University über die Geographie der R&D (F&E) Aktivitäten von multinational enterprises (MNE). Er zeigte, wie dominant und deshalb auch wichtig Shanghai und Beijing für ausländische MNE im Bereich Forschung und Entwicklung bereits sind und noch wichtiger werden. Eine der Gründe ist die Pfadabhängigkeit, die deren Standortwahl stark beeinflusst. Beijing hat sich als Hochtechnologie-Standort entwickelt, während Shanghai mehr F&E Investitionen im Bereich der Maschinenindustrie anzieht. Ein Grund dafür ist auch die Rolle des Staates, welcher mit seinem Engagement die Entwicklung in Beijing stark beeinflusst hat. Aber auch die chinesischen Zulieferer der ausländischen multinationalen Firmen haben dazu geführt, dass diese Städte durch komparative Vorteile zu dominanten Zentren (über 50% der totalen F&E Ausgaben von MNE) in diesem Bereich wurden.

Professorin Weiping Wu von der Virgina Commonwealth Universität in den USA berichtete im zweiten Inputreferat über die Entwicklung des Wissenschaftssektors in China und sprach über das Thema der University-Industry-Linkages (UIL). Sie beschrieb den sehr kleinen akademischen Sektor von China, der aber an Bedeutung gewinnen muss und auch wird, um China als sogenannte „emerging economy“ langfristig mit gutem Humankapital und letztendlich Innovationen zu versorgen. Das heute noch bescheidene chinesische Innovationssystem könnte dank unternehmerischen Universitäten wachsen. Aus diesem Grund sind die positiven Trends der UIL aufgrund Technologie-Verträge und neben institutionellen vor allem auch marktwirtschaftlichen Instrumenten bedeutend für China. Es wird aber noch ein gewisser Weg für China zu beschreiten sein, hin zu effizienteren UILs mit kleinerem Ungleichgewicht zwischen Universitäten und Industrie.

Foto: Amber Cai von Novartis

Amber Cai berichtete als dritte Referentin über das Novartis R&D Center in Shanghai und warum und mit welchen Zielen dieses Schweizer Unternehmen in China ist. Der wachsende chinesische Markt aufgrund der alternden Bevölkerung und unterschiedliche Krankheiten aus dem asiatischen Raum, aber auch ein grosser Talentpool und gute staatliche Unterstützung für ausländische Unternehmen werden als Gründe aufgeführt. Aus „geographischer Sicht“ bietet Pudong in Shanghai ideale Möglichkeiten, weshalb sich Novartis seit 2006 mit einem integrierten F&E Center, fokussierend auf akademische und industrielle, lokale als auch globale Partner, positioniert hat. Flexible Kollaborationsmodelle mit Unternehmen und Universitäten bieten die nötigen Inputs und Netzwerke. Auf die Charakteristiken und Zukunft der Forschung in China angesprochen nannte Frau Cai das learning by doing und Clustereffekte, die wirksam werden für die UILs. Zudem fügte sie die schwachen Regelungen hinsichtlich des geistigen Eigentumsrechts an, welche den guten Leistungen und dem grossen Potential gegenüberstehen. Dazu gehört auch die Eigenschaft, den Prozess besitzen zu wollen, was aber in Zukunft geändert werden muss.

Die drei Inputreferate hatten viele spannende, oft auch stark geographische Aspekte, angesprochen, wie die Bedeutung des Raumes, die Vernetzung und unterschiedliche hierarchische Formen. Es hat sich bei allen gezeigt, dass mehr F&E nötig sein wird, um die zunehmenden Herausforderungen bewältigen zu können. Ein Aspekt, mit welchem wir bis anhin auf der Exkursion noch nicht konfrontiert wurden.

Nach dieser doch eher deftigen Vorspeise (für den letzten Exkursionstag) war erst einmal eine kleine Pause nötig, die individuell doch ganz intensiv genutzt wurde. Nun, da war von Protokoll schreiben für die letzten Tage, über intensive Suche nach einem Buchladen bis hin zu einem Konsumverhalten, welches fast zu einer Straftat, zumindest aber zur Belustigung von ca. 50 Chinesen geführt hatte, alles drin. Nicht zu erwähnen, dass dies einmal mehr mit einer Verspätung endete. Ob das wohl typisch chinesisch ist?

Nichtsdestotrotz, die Hauptspeise liess nicht mehr lange auf sich warten und es war wahrlich ein Gericht, das nochmals so viele Facetten von China ansprechen sollte. Der Besuch bei Schindler AG, dem ersten, bereits 1982 im chinesischen Markt aktive Unternehmen stand an. In einem interessanten Referat des Forschungsdirektors China erfuhren wir Fakten über dieses Mobilitäts-Unternehmen mit Mutterhaus in Ebikon, Schweiz und erhielten eine neue, differenzierte Sichtweise auf die Zusammenarbeit von MNEs in und mit China. Ein weltweites Netzwerk und die Anwendung des Plattform Managements sorgen bei Schindler für die Bewältigung der „intellectual property challenge“ in China. Dieses Problem erstaunt uns wenig, haben wir doch aufgrund etlicher Besuche auf Märkten mit gefälschten/low-budget Waren erkannt, welche Fertigkeiten die Chinesen im Bereich der „secondary“ innovation haben. Um weiterhin die nötige Marktmacht zu haben, setzt Schindler auch stark auf Innovation vor Ort im Sinne der Adaption an örtliche Anforderungen. Damit kann gezielt auf die Wünsche in Bezug auf Geschwindigkeit, Grösse oder Ausstattung des Liftes eingegangen werden. Ein chinesisches F&E Team in Shanghai und Suzhou sorgt dafür, dass diese „lokale Nähe“ zu einem Markt mit ungeheuerem Potential optimal genutzt wird. Damit eine gewisse Kontinuität entsteht und die Fluktuation der Angestellten tiefer als üblich bleibt, werden besondere Anstrengungen unternommen. Es wird uns eindrücklich gezeigt, wie man dieses Problem, anders als auch schon vernommen, angegangen werden kann.

Foto: Unsere Gruppe beim Besuch bei Schindler China

Auf der heutigen Menükarte stand am Abend ein besonders leckeres Dessert in Form eines Abschlussessens mit Rückblick und Synthese der Exkursion, auf dem Programm. Dieses wurde angemessen mit dem Inputreferat von Michael Regli zu Innovationssystem in China eingeleitet. Es folgte eine kurzweilige Reflexion der letzten Tage mit sehr unterschiedlichen Eindrücken sowie ein brainstorming über die verschiedenen wirtschaftsgeographischen theoretischen Konzepte und Debatten, in denen sich die Eindrücke dieser Exkursion einordnen lassen.

Die darauf folgende Menüwahl im schweiz-chinesischen joint-venture „Cottons“ viel mehrheitlich westlich aus, ein Zeichen, dass der Gaumen nach zwei Wochen gerne wieder mal Käse statt Tofu und Rahm statt Soya geniessen wollte. Dieser offizielle Teil wurde mit einem grossen Dankeschön für die perfekte Organisationsleitung beendet.

Foto: Luxus-Karossen Vor dem Club in Shanghai

Als kleiner „Verdauungsschnaps“ für die ganze Exkursion schlug Daniel noch eine Exklusivität in Form eines Hongkongers Partyclub vor, der uns besser bekam als vielen asiatischen Besuchern. Dies tat unserer Partystimmung keinen Abbruch und so wurde fleissig bis tief in die Nacht (respektive Morgen) getanzt.

Fabian Streiff

(Fotos: Heike Mayer)

Donnerstag, 8. Juli 2010

Shanghai, Tag 12, 8. Juli 2010

Für Hartgesottene begann der Donnerstag schon sehr früh: Das WM-Halbfinalspiel Deutschland gegen Spanien stand morgens um halb drei auf dem Programm. Der Fernsehraum unserer Shanghaier Unterkunft war bumsvoll und abgesehen vom Vuvuzelagetröte kam beinahe schon Stadionatmosphäre auf, als die Ooohs und Aaahs durch die leeren Hostelgänge hallten. Als wir dann um halb neun in den für diesen Exkursionstag gemieteten Bus stiegen, hatten einige noch kleinere Äuglein als Herr Wang, unser Fahrer. Dieser steuerte uns gekonnt durch den Morgenverkehr aus Shanghai heraus auf die Satellitenstadt Lingang zu. Auf dem Weg hielten Bene und Lukas im Car ein mobiles Inputreferat und informierten, so gut es ging, über die politische Organisation im Delta des Jangtse, und über die Probleme der politischen Administration, welche die Wirtschaftsreformen mit sich bringen. Chinesische Städte und Provinzen leben nämlich nicht nur in konfuzianischer Harmonie, sondern zanken sich auch gerne mal, zum Beispiel um Grossprojekte wie Flug- und Containerhäfen. Diese können entscheidenden Einfluss auf die jeweilige regionale Wirtschaftsentwicklung haben, als wichtige Faktoren bei der Standortwahl internationaler Unternehmen. Eigentlich wollten wir an jenem Morgen noch Professor Sha Yongjie vom College of Architecture & Urban Planning an der Tongji University treffen, der uns während des Tages begleiten sollte. Professor Yongjie wurde aber kurzfristig von der Stadtregierung eingeladen, wodurch wir leider auf seine Inputs verzichten mussten.

Foto: Modell der Stadt Lingang

Die genannte Satellitenstadt Lingang wird etwa 60 Kilometer südöstlich des Shanghaier Stadtzentrums aus dem Boden gestampft. Sie ist eine von neun neuen Städten, die quasi auf dem Reissbrett geplant wurden, um das Zentrum zu entlasten. Aber ehrlich gesagt, bereits von einer Stadt zu sprechen wäre falsch, denn ein wichtiges Element fehlt noch: Die Bewohner. Auf den vierspurigen Strassen fahren keine Autos, auf den Gehsteigen gibt es keine Menschen, nur da und dort steht ein Polizist ganz verloren unter seinem Sonnenschirm. Im „Planning Exhibition Centre“ erfahren wir mehr über Lingang: Der Baubeschluss fiel 2003, fertig sein soll das Projekt im Jahr 2020, dann sollen 800 000 Bewohner in der Stadt leben. Die chinesische Regierung investierte 58 Milliarden Yuan in das Projekt, das entspricht knapp 10 Milliarden Schweizer Franken. Das Herz der von Deutschen Architekten entworfenen Stadt bildet ein kreisrunder, künstlich angelegter See von mehreren Kilometern Durchmesser. Das Ziel der Planer ist es, eine Stadt zu erschaffen, die in Harmonie mit Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Ökologie steht… In der Ausstellung wird mit Fotos dokumentiert, wie die vormaligen Bewohner des umgepflügten maritimen Landstrichs, Kleinbauern und Fischer, mit lächelnden Gesichtern in neue Wohnungen einziehen und ihre Jobs als „urban dwellers“ erfüllen, als stolze Wachmänner, fleissige Putzkolonnen oder geschickte Bauarbeiter. Nachdem wir an der Promenade noch ein wenig „Seeluft“ geschnuppert haben, sind wir endgültig beeindruckt und steigen unter angeregten Diskussionen über Sinn und Unsinn derartiger Projekte in unseren Bus ein.

Foto: Weit und breit kein Verkehr und dabei soll diese Stadt zukünftig etwa 800 000 Menschen beheimaten

Foto: Neuer Wohnungsbau in Lingang

Weiter geht es zum nächsten Higlight: Dem Yangshan Deep Water Harbor, einem gigantischen Containerhafen, seines Zeichens der einzige, der auf einer Insel liegt. Nur schon die Fahrt ist spektakulär: Sie geht über die längste Meeresbrücke der Welt, die Donghai Brücke. Diese führt unglaubliche 32 Kilometer über das offene Wasser. Wir fahren und fahren, nach hinten und nach vorne ist nur Brücke und Meer zu sehen. Die einen beeindruckte dies, die anderen schien es zu beruhigen; zum sonoren Schnurren des Busses gesellten sich zufriedene Schnarchgeräusche. Auf einmal taucht auf der Steuerbordseite eine Windenergiefarm aus dem Dunst auf. Die Mästen scheinen über dem Wasser zu schweben, während sich die riesigen Rotorflügel gemächlich im Kreis drehen. Die Mühlen verschwinden wieder aus der Sichtweite und wenig später ist Land in Sicht, vor uns erscheint Yangshan Island. Hier ist es mit der Ruhe aus. Gewaltige Lastkräne bücken sich über die Frachtschiffe, an Land stapeln sich die Container wie Legosteine in die Höhe und in die Breite. Um unseren Hunger zu stillen, dockten wir zum Mittagessen im Old Captains Club an. Das eher mehr als weniger dreckige Tischgedeck verdarb uns zwar nicht gerade den Appetit, aber wie es dann in der Captains Kombüse aussah, wollten wir uns doch nicht allzu genau vorstellen.

Foto: Die 32-Kilometer lange Donghai Brücke

Frisch gestärkt mit Fisch, Hühnerbeinen und Innereien wagten wir uns unter die brennende Mittagssonne, um die Containerinsel zu erkunden. Die Chinesische Regierung liess auf der Insel einen gesicherten Wanderweg erstellen, der sich über den Inselrücken windet und schliesslich am höchsten Punkt einen eindrücklichen Überblick über den Yangshan Deep Water Harbor bietet. Der Bau des Tiefseehafens in der Hangzhou Bucht begann 2005, auch hier musste ein Dorf weichen und Leute umgesiedelt werden. Der Hafen bedient die wachsenden Bedürfnisse des Grossraums Shanghai nach Frachtumschlag, sowohl für In-, als auch für Export. Die gesamte Anlage wird in mehreren Phasen gebaut und soll sich dereinst auf elf Kilometern Küste ausbreiten. Völlig verschwitzt und beeindruckt setzen wir uns nach dem Rundgang wieder in den Car.

Foto: Der Hafen von Yangshan

Foto: Container, die wie Lego-Steine aussehen

Auf der Rückfahrt über die Donghai Brücke folgte das zweite Inputreferat des Tages, Fabian informierte über die Bedeutung und Entwicklung erneuerbarer Energien in China, passend zur Windfarm auf dem Weg. Nach einer Einführung über die Energiesituation Chinas ging er auf die verschiedenen alternativen Energiequellen ein, im speziellen auf die Photovoltaik. China weist in diesem Bereich einen Weltmarktanteil von 33 Prozent auf und exportiert 90 Prozent seiner Produktion, spielt aber in der technologischen Weiterentwicklung noch nicht die erhoffte grosse Rolle. Auch andere erneuerbare Energien werden gefördert, 2009 stammten 16 Prozent der Energie in China aus Wasserkraft oder Windenergie, ein höherer Anteil als beispielsweise in der EU. Die Chinesische Regierung, so sehr man sie in anderen Bereichen kritisieren mag, setzt sich stark für die Nutzung erneuerbarer Energien ein. Dies im Wissen, dass China sich ohne alternative Energien mittel- bis langfristig nicht weiterentwickeln kann. Als Fäbu seinen Vortrag abschloss steckten wir aber schon wieder in der vorherrschenden Realität fest, nämlich im Stau der fossilen Energieverbrenner. Nachdem Mister Wang uns durch die abendliche Rushhour Shanghais geschlängelt hatte, setzte er uns müde, aber um viele bleibende Eindrücke, Informationen, aber auch Fragen reicher, vor der Unterkunft ab.

Lukas Rau

(Fotos: Heike Mayer)

Mittwoch, 7. Juli 2010

Yiwu -> Shanghai, Tag 11, 7. Juli 2010

Nach der Ankunft in Shanghai aus Hangzhou fühlten wir uns wieder wie zu Hause. Es war nicht mehr so fremd wie bei der ersten Ankunft in Shanghai. In der U-Bahn kamen wir gut zurecht und alles klappte auf Anhieb. Im drängeln sind wir mittlerweile schon etwas chinesischer und somit bewegten wir uns effizient und ohne jemanden zu verlieren durch die Menschenmasse. Am Nachmittag besuchten wir Swissnex. Im 22sten stock wurden wir von Mechmet, ein Mitarbeiter von Swissnex, in einem stilvollen Büro empfangen. Mechmet gab uns eine kurze Einführung über Swissnex und ihre Aufgaben und Visionen.

Foto: Der Weg zur Jugi in Shanghai

Swissnex ist eine Netzwerkinstitution und dient als Schnittstelle für Vermittlungen von kontakten zwischen Universitäten in China und der Schweiz. Sie bietet sozusagen eine dynamische und interaktive Plattform an für besseren Austausch zwischen den beiden Akteuren China und Schweiz. Ihre Strategie teilen sie in drei Hauptaufgaben auf. 1. PROMOTE: Beinhaltet das Wissen aus der Schweiz an China weiterzugeben vor allem im Bereich Forschung, Technologie, Innovation und Kultur. 2. CONNECT: Dabei sollen Netzwerke und Kooperationen zwischen Studenten von beiden Ländern entstehen um Bottom up Initiativen für die Zukunft zu generieren. 3. FACILITATE: Unterstützung einer Sino-schweizerischen Zusammenarbeit und Forschung unter Verringerung von geographischen und kulturellen Unterschieden.

Foto: Besuch der Berner Gruppe bei Swissnex

Die wichtigsten Partner sind viele schweizerische Hochschulen wie ETH Zürich, EPFL und ECAL. Flavia Schlegel führte uns weiter in die verschiedenen Projekte und Events, die bis heute stattgefunden haben, ein. Flavia Schlegel ist Executive Director bei Swissnex und ist für alle Swissnex Aktivitäten in China verantwortlich. Dabei ist ihr das verstehen der chinesischen Kultur sehr Wichtig. Sie betont immer wieder, dass es nicht darum gehe nur unser Wissen zu transferieren sondern vielmehr das Wissen auszutauschen und zu vereinen um daraus etwas Neues und Kreatives zu schaffen. China hat viele verschiedene Seiten und Kulturen und ist daher sehr vielseitig.

Swissnex soll bei der Verständigung verschiedener Akteure (zw. Academic –Academic und Academic und Business) von China und der Schweiz behilflich sein und Austausch von Studenten fördern um langfristige Kooperationen zu schaffen.

Miriam Andonie, Leonor Rodriguez

(Fotos: Heike Mayer)

Dienstag, 6. Juli 2010

Yiwu, Tag 10, 6. Juli 2010

Nach einer geruhsamen Nacht, die wir zur Freude aller in einem Hotel verbringen durften, trafen wir uns Punkt 8 Uhr zum Inputreferat in der Lounge des Hotels. Für einmal waren alle Zuhörer wohlgenährt und aufmerksamer als auch schon, was jedoch vielleicht auch daran lag, dass Dani uns aus erster Hand Informationen zum uns vorliegenden Programm geben konnte. Im Referat erfuhren wir, dass die Einwohner Yiwus ein ausgeprägtes Händler-Gen besitzen und wie sich der Internationale Markt in Yiwu seit 1982 entwickelte. Yiwu durchlief nicht den „traditionellen“ Entwicklungspfad anderer Städte im Sinn einer Tertiarisierung. Die Stadt entwickelte vor allem einen ausgeprägten 2. Sektor was u.a. mit der Entwicklung des internationalen Marktes zusammenhängt.

Der Transfer zum Markt geschah mittels öffentlichem Verkehr, wo man als Europäer von Chinesen die Englisch sprechen gerne angesprochen wird und ausgefragt wird woher man kommt, was man macht und was man über China denkt. Kaum am Markt angekommen, stürzten wir uns ins Geschehen und realisierten schnell dass wir mit dem Kauf von einzelnen Produkten nicht weit kamen. Der Markt ist auf Händler aus aller Welt ausgerichtet, die grössere Stückzahlen kaufen und diese direkt per Container in den arabischen Raum, nach Europa, Afrika oder wohin auch immer verschiffen. Der Vorteil von Yiwu liegt unter anderem in der flexiblen und effizienten Organisation dieser Exportwege und dem günstigen Standort für die Produktion dieser v.a. Low-Cost Güter.

Foto: Weihnachtsmänner als Massenware

Foto: Mal sehen, ob diese Igel-Spielzeuge bald auch im Berner Einzelhandel zu finden sind

Es erwies sich als gute Taktik mit dem Exkursionsbüchlein unter dem Arm in den verschiedenen Läden nach dem Preis für 1000 Stück zu fragen und so den eigentlichen Wert der Produkte herauszufinden. Das günstigste Angebot für 1000 Fussbälle das wir fanden war 4,8 Yuan pro Stück, allerdings waren die Bälle von äusserst bescheidener Qualität. Einige von uns deckten sich mit Uhren, Spielzeughelikoptern und anderen unnötigen Dingen ein.

Nach dem Mittagessen im Uighurischen Restaurant, wo all die arabischen Händler ebenfalls dinierten, machten wir uns auf den Weg einen kleinen Workshop zu besichtigen. In der kleinen Produktionsstätte arbeiteten etwa 6-8 junge ArbeiterInnen, die zwischen 1000 und 1200 Yuan für ihre Arbeit verdienen. Sie fertigen Modeschmuck (z.B. Ketten) für den Weltmarkt an. Der Schmuck, der mit Produktions- und Materialkosten von ca. 12 Yuan (~2 SFr.) wert war wird bei uns für 9.95 Euro verkauft und bereits hier in Yiwu ladenfertig verpackt.

Foto: Modeschmuck für den europäischen Markt

Foto: Handarbeit in einem Schmuck-Werkstatt

Da vor allem die grossen Betriebe in der Region an Wichtigkeit gewinnen in letzter Zeit besuchten wir später noch eine grössere Fabrik. Die Socken und Unterwäsche Firma „Lang Sha“ ist einer der Marktführer im chinesischen Markt und produziert auch für Marken wie Puma oder Adidas. Insgesamt beschäftigt das Unternehmen 6000 Leute und betreibt 4 verschiedene Fabriken. In der Fabrikhalle stehen ca. 3000 Maschinen, welche interessanterweise im italienischen Brescia hergestellt werden und nach China importiert werden mussten.

Foto: Strumpfhosen-Produktion bei Lang Sha

Nach diesem interessanten Einblick in diese Produktionsstätte kauften wir uns noch einige Socken und XL-Unterhosen, die für den chinesischen Markt gedacht waren und verabschiedeten uns standardgemäss mit einem Gruppenfoto vor dem Fabrikgelände.

Ich denke dass viele von uns diese Bilder und Eindrücke sich immer wieder vor Augen führen werden wenn sie das nächste Mal an einem Markt in Cuzco (Peru), Valencia (Spanien), Dar es salaam (Tansania) oder wo auch immer einkaufen werden. Ebenfalls bleibenden Eindruck hinterlassen werden mir die uigurischen Moslems, die uns ansprachen um Geld für den Bau von Moscheen zu gewinnen.

Foto: Nachtmarkt in Yiwu

Benjamin Schilling

(Fotos: Heike Mayer)

Montag, 5. Juli 2010

Hangzhou -> Yiwu, Tag 9, 5. Juli 2010

Morgens um kurz nach acht Uhr sechs Taxis in Hangzhou zu ergattern, kann schnell gehen oder auch Zeit beanspruchen. Wir erlebten beides, kamen dann aber gesammelt am vereinbarten Treffpunkt an. Wieder mit einigen Erlebnissen reicher: Bei einem Taxi ging der Kofferraumdeckel nicht auf, so dass sich drei von uns mit ihrem gesamten Gepäck in der Fahrgastzelle arrangierten; bei einem anderen ging der Kofferraumdeckel nicht zu und die Fahrt wurde mit offenem bestritten.

Foto: Ankunft mit dem Taxi bei der Zhejiang University in Hangzhou

„Wann schliesse ich mein Studium ab?“, mag manch` Studierendem durch den Kopf gegangen sein, als wir die Graduierten sahen, die sich in feierlicher Montur stolz den Fotokameras präsentierten. In den Monaten Mai bis Juli beenden die Abschlussjahrgänge der Zhejiang University in Hangzhou ihr Studium.

Am Vormittag des 9. Exkursionstages besuchten wir den Campus der 113 Jahre alten Universität, die die höchste Patentrate in China aufweist. Dort trafen wir auf Prof. Chen Jin, Co-Chair des National Institute for Innovation Management (NIIM) und Direktor des Institute for Innovation and Regional Development, der uns weitere Hintergründe zur Innovationslandschaft in China lieferte. Zuvor hatten uns zwei seiner Mitarbeiterinnen über den Campus geführt und auch das mehrere Meter messende Denkmal von Mao Zedong gezeigt.

Foto: Wir sind Mao!

Herr Chen führte uns in die verschiedenen Innovationsformen ein, die derzeit in China vorhanden seien: Erstens „secondary innovations“ -- bestes Beispiel dafür nannte er Alibaba, das Ebay auf den ersten Blick kopiert, auf den zweiten sich auf Unternehmen mit seinem Angebot spezialisiert hat. Zweitens erläuterte uns Herr Chen die „technical integrations“, wobei er das Beispiel des High Speed Train vorstellte. Als dritte Innovation zeigte er der Gruppe „original innovations“, z.B. den USB-Stick, der originär aus China stammt.

Für Geographen war die von Herrn Cheng skizzierte Innovation Map Chinas interessant, wenngleich die oft mehrfach bei verschiedenen Städten genannten Branchen (z.B. Telekommunikation bei Beijing, Shanghai und Shenzhen oder Elektronik bei Qingdao (woher auch ein bekanntes Bier stammt) und auch bei Shenzhen) bei vielen den Eindruck hinterliessen, dass ein hoher Wettbewerb unter Chinas Regionen herrschen muss. Eine der innovativsten Provinzen ist Zhejiang, in der Yiwu liegt. Zhejiang zeichnet sich dadurch aus, dass ein hohes Mass an Entrepreneurship, viele private KMU und einige Cluster zu finden sind. Eine Region sollten wir auf dem Radar halten: das Yangtze-Delta, das seitens des NIMM als künftig innovativste chinesische Region eingeschätzt wird. Interessant war an dieser Stelle die Überlegung, dass durch die vielen städtebaulichen Massnahmen in China auch „construction innovations“ gefördert wuerden.

Heike Mayer entwarf parallel die Innovation Map der Schweiz, die der Gruppe Vertrautes zeigte und viel Neues für die anwesenden Chinesen beinhaltete.

Abgerundet wurde schliesslich der Vortrag des chinesischen Professors mit Worten zur „Science and Technology Policy“, bei der u.a. Drittmittel für Kooperationen zwischen Universitäten und Unternehmen und Venture Capital genannt wurden. Wir fragten uns insgeheim, ob „verordnetes Upgrading“ funktionieren kann oder doch eher ein Bottom-Up-Ansatz notwendig wäre.

Mit angenehm gefüllten Bäuchen, da uns Herr Chen in ein der Universität nahe gelegenes Restaurant ausführte, stiegen wir wieder in Taxis und entkamen den immer wieder heftigen Regenschauern Richtung Bahnhof. Mit dem integrativ-innovativen High-Speed-Train fuhren wir zu unserer letzten Exkursionsstation, bevor es am Mittwoch wieder nach Shanghai zurück geht. Nach einer Stunde Zugfahrt und einer weiteren Taxifahrt kamen wir nachmittags im Hotel „Holiday Star“ in Yiwu an, und alle freuten sich über den bisher besten Standard in Zweier- und Einzelzimmern.

600.000 Einwohner zählt die „kleine Stadt“ Yiwu, mit dieser Bezeichnung hatte uns zumindest Herr Cheng verabschiedet. Yiwu ist ganz anders als das von uns bisher in China Gesehene. Es ist beim ersten Hinsehen keine schöne oder faszinierende Stadt. Sie wirkt normal, etwas schmutzig, etwas herunter gekommen. Auch die Menschen schauen mit unverhohlen neugierig auf die Gruppe der Langnasen.

Foto: Yiwu, eine sehr lebendige und unternehmerische Stadt

In seinem Inputreferat erläuterte uns Daniel dass in Yiwu und an vielen Orten in der Zhejiang Provinz die regionale Entwicklung nicht auf Direktinvestitionen (FDI) basiert, sondern sich viele endogen entstandene Cluster gebildet haben. Dieses Entwicklungsmuster steht im Kontrast zu den vorherigen besuchten Orten wie etwa Shanghai oder Suzhou. Morgen werden wir Yiwu genauer kennen lernen. Wir sind schon gespannt, mehr von diesem Ort zu erfahren, der sich durch einige Superlative auszeichnet: höchste Export- und Effizienzrate sowie höchster Ausländeranteil in China.

Yiwu: Geschäftiges Treiben vor einem typischen Geschäft in Yiwu

Der Abend klang bei einer wilden Mischung aus dem Hotpot im Restaurant „Little Sheep“ aus, was wieder alle Gefühle wie bei bisherigen kulinarischen Erfahrungen der kantonesischen Küche hervorrief, von Neugier über dezentes Ablehnen bei zu Ungewohntem bis freudiges Zulangen.

Foto: Chinesischer Hotpoot im „Little Sheep“-Restaurant

Anne Wolf

(Fotos: Heike Mayer)

Sonntag, 4. Juli 2010

Hangzhou, Tag 8, 4. Juli 2010

Samstagabend wurden wir in ein Wochenende geschickt, welches wir selbst gestalten konnten. Ausgeschlafen, frisch und zufrieden erkundeten wir am Sonntag in individuellen Gruppen das überaus idyllische Hangzhou. Die meisten von uns zog es gerade am Anfang zum berühmten Tempel Lingyin Si wobei das Transportmittel von Fahrrad bis Taxi reichte. Der Weg zum Tempel führt an der Flanke des Failei- Gipfel entlang, anscheinend konnte man sich aber gut verirren, vor allem wenn man die Stadtkarte verliert und somit landeten Luki, Michi und Bene, als wäre es nicht schon genug feucht und heiss, irgendwo in den Wettlands.

Foto: Velo-Verleih-Station in Hangzhou

Wie von China nicht anders zu erwarten sammelten sich schon vor der Tempelanlage massenweise Touristen, vor allem Chinesen von jung bis alt. Auf dem Weg zum Tempel folgten wir einem steinigen Pfad wobei wir die verschiedenen in Fels gemeisselten Skulpturen bewunderten. Die schönste und berühmteste Skulptur war der lachende maytraia-buddha.

Foto: Der lachende Buddha


Foto: Im Innern des Tempels

Ebenfalls ein beliebtes Ziel war das Teedorf und Teemuseum. Mehrere teeproduzierende Dörfer, welche die berühmtesten Grünteesorten ernten kann man hier besuchen. In einem kleinen laden degustierten wir verschiedene Teesorten mit unterschiedlichen Jahrgängen. Wie beim Wein ist hier auch meist der ältere edler und daher auch etwas teurer. Vor allem Cyprien wagte sich an die Kunst des Feilschens, leider ohne Erfolg- aber es geht ja ums Prinzip!

Foto: Teeplantagen in Hangzhou

Der wunderbare überaus entspannende Tag wurde von einem heftigem tropischem Gewitter abgerundet und so suchte eine Gruppe nach der anderen Schutz im lieblichen Hostel. Nachdem der ganze Schmutz und Schweiss des Tages abgewaschen war, fuhren wir mit Taxis zu einem trendigem Restaurant und assen, ausnahmsweisse chinesisch!

Die Meisten, angeschlagen von den vielen Eindrücke, den langen Märschen und der Umstellung des Essens der letzen Woche fuhren von uns zurück, um sich dem Schlaf zu ergeben. Einige aber rundeten den Tag mit einem soul- funkigem Konzert oder ganz einfach mit einem oder zwei Bierchen ab.

Miriam und Leonor

(Fotos: Leonor Rodriguez, Heike Mayer)

Samstag, 3. Juli 2010

Suzhou -> Hangzhou, Tag 7, 3. Juli 2010

Nach der für einzelne Exkursionsteilnehmer eher kurzen Nachtruhe im Lohas Hotel geht unsere Reise weiter nach Hangzhou. Nach einer letzten Taxifahrt durch den nicht überblickbaren Stadtdschungel Suzhous und den verzweifelten Versuchen des Chauffeurs, die defekte Klimaanlage wieder in Gang zu bringen besteigen wir den Überlandbus Richtung Südwest. Die Fahrt führt über eine gut ausgebaute Autobahn durch unterschiedlich dicht besiedeltes Gebiet, durch eine Ebene voller Reisfelder und Fischzuchten. Immer wieder kreuzen wir dabei kleinere und grössere Wasserwege – darunter auch den Kaiserkanal. Erst in der Nähe Hangzhous tauchen erste Hügelzüge auf. Nach einer gut 2-stündigen Fahrt erreichen wir die alte Tee- und Seidenstadt. Heute ist Hangzhou auch eine der beliebtesten Tourismusregionen im Land. Gelegen am idyllischen Westlake präsentiert es sich als das Interlaken Chinas.

Foto: Hangzhou und Westlake

Als Einleitung für den Sonntag, den wir als Ruhetag nach eigenem Gusto gestalten und geniessen können, stellt uns Brigitt Reverdin die Geschichte Hangzhous und dessen berühmteste Sehenswürdigkeiten vor. Dabei werden wir vom zuvorkommenden Hostelteam überraschend mit Wassermelonen verköstigt. Xié-xié West Lake Hostel! Lara revanchiert sich für unsere Gruppe, indem sie kurzfristig kompetent an der Reception aushilft…

Neben Ausruhen erweisen sich auch Kleider waschen und Netzkontakte pflegen als beliebte Tätigkeiten der nächsten Stunden. Abends führt uns Daniel einmal mehr zielsicher in ein ausgezeichnetes chinesisches Restaurant, wo wir weitere kulinarische Abenteuer wagend (diesmal mit vielen maritimen Köstlichkeiten, darunter unterschiedlichen Krebsen und Fischen…) unsere zwei Tische nach gut chinesischer Manier „verwüstet“ hinterlassen.

Foto: Leckeres Abendessen in lustiger Runde

Foto: Cyprien beim Versuch einen Krebs zu angeln

Ein Besuch des hoffnungslos überteuerten Night Markets und das - trotz halbzeitlang unerfolgreicher Suche nach einer geeigneten Lokalität – spannende Viertelfinal-Spiel zwischen Deutschland und Argentinien runden den Samstagabend ab. Wir sind ziemlich müde, voller Eindrücke der vergangenen Woche und Vorfreude auf den ruhigen Sonntag. Deutschland gewinnt 4:0 und qualifiziert sich für die nächste Runde – und auch wir freuen uns auf den Ruhetag und die zweite Hälfte unserer Exkursion!

Foto: Nachtmarkt in Hangzhou

Foto: Besuch und Einkauf auf dem Nachtmarkt

Jonas Gurtner, Elias Hodel

(Fotos: Heike Mayer)

Freitag, 2. Juli 2010

Suzhou, Tag 6, 2. Juli 2010

Der Tag startete mit einer kurzen Fahrt in einem Kleinbus zur Firma Logitech. Das Schweizer Unternehmen Logitech besitzt im Suzhou New District seine Hauptproduktionsstätte, welche wir besuchen durften. Logitech beschäftigt weltweit rund 2‘000 Mitarbeiter in über 30 Ländern und ist marktführend in der Produktion von Computermäusen. Daneben stellt die Firma weitere 160 Produkte her und verkauft diese in 100 Ländern. Die Produktion in Suzhou läuft unter dem Motto ‚low cost, high quality and high volume manufacturing‘, d.h. das mit möglichst tiefen Produktionskosten, qualitativ hochwertige Massenware hergestellt wird.

Foto: Empfang bei Logitech

Beim Rundgang durch die Produktionsstätte besuchten wir nacheinander die Fabrikation, Qualitätskontrolle und die Abteilung zu Forschung und Entwicklung. Es war unglaublich eindrücklich, wie die Produktion von Computer-Mäusen funktioniert. Innerhalb von nur 3 Minuten entsteht am Fliessband eine Maus. Pro Tag gibt es zwei Arbeitsschichten und pro Schicht (8 Stunden) arbeiten 3000 Chinesen am Fliessband. Jede Person tätigt einen einzigen Arbeitsschritt im Entstehungsprozess der Maus. Angeblich werden dort pro Monat 12 Millionen Mäuse und 55 Millionen andere Produkte produziert…

Nach der Führung und anschliessender Diskussion richteten die Küchenangestellten für uns ein westliches Mittagsbuffet her. Schon lange hatten die meisten von uns kein westliches Essen mehr gegessen. Und nach der Mittagsverpflegung erhielten alle von uns sogar noch eine Computermaus, und zwar die neusten Designs :-)

Foto: Würdiger Empfang unserer Gruppe beim Suzhou Industrial Park

Unsere nächste Station war der Ausstellungsraum des SIP – des Suzhou Singapore Industrial Park. Der SIP ist der neue Distrikt im Osten des Stadtzentrums. Dort entsteht unter strenger und nicht minder ambitionierter Planung eine komplett neue weitere Stadt mit der Motivation, den Kapitalismus in geschütztem Rahmen kontrolliert zu testen und wichtige Erkenntnisse zu sammeln. Der Distrikt beeindruckte durch seine kolossalen Dimensionen, seinen bis ins letze Detail geplanten Charakter und durch seine gestrenge Kühle und Unbelebtheit. Wo wird dies bloss hinführen, war eine oft geäusserte Frage, die keiner von uns beantworten konnte.

Foto: Vogelperspektive auf den SIP

Nachdem wir noch vom Dach die Aussicht auf die unendliche Baustelle rund herum betrachten konnten und wieder in den wartenden Bus geklettert waren, fuhren wir weiter zum Higher Education District innerhalb des SIPs um uns dort mit chinesischen Studenten auszutauschen. Die Diskussion erwies sich als sehr spannend und wir alle wären gerne noch länger geblieben um mehr über die Studenten, ihre Träume und Ziele zu erfahren. Leider reichte die Zeit aber nicht einmal für ein gemeinsames Foto. Stattdessen wurden wir zu einer weiteren Ausstellung gekarrt, wo wieder versucht wurde, uns mit bunten Stellwänden, Bildschirmen und dem obligaten Modell zu beeindrucken. Wegen Reizüberflutung gelang dies aber nur minim.

Foto: Reger Austausch zwischen Schweizer und Chinesischen Studierenden

Schon war es Abend und wir fuhren in die Moon Bay wo wir umgeben von steriler und schmuckloser Architektur Nachtessen gingen. Gleich darauf kamen wir noch in den Genuss einer überaus pompösen Water-Light-Show. Man kann sich ein grosses Schweizer Feuerwerk vorstellen. Aber die Show war ohne Feuerwerk, dafür mit zahllosen Springbrunnen, Laser, Licht und chinesischer Musik.

Foto: Eine unterhaltsame Show am Abend im SIP

Erschöpft vom Tag kehrten wir kurz in die Unterkunft zurück, bevor wir uns dann fürs Nachtleben in Suzhou wappneten. Wir suchten eine Bar, die noch die letzten Minuten des Spiels Holland-Brasilien zeigten und kreischten wie die Chinesen bei jeder spannenden Aktion; egal für welches Team :-)


Nach dem Spiel war Karaoke angesagt. Zwei hübsche Ladies feuerten die Bar-Besucher an, ihr Bestes zu geben. Auch wir liessen uns mitreissen und sangen lautstark Wonderwall, Ironic, First Cut etc. Irgendwann zogen wir weiter, in eine andere Bar namens Harry’s (von den Chinesen Hally’s ausgesprochen), diese wurde aber leider auch bald geschlossen. Und so landeten wir schlussendlich im Inpub, einem fancy Club. Das Publikum war gemischt Europäisch und Chinesisch. Die Toiletten waren mit pinkfarbenem Plüsch ausgestattet und jedes Klo hatte einen eigenen Namen (z.B. Las Vegas). Die Preise waren ebenfalls etwas stolz, aber das hielt uns nicht davon an, bis um halb fünf zu feiern. Wer jetzt meint, dass danach Ausschlafen angesagt war, täuscht sich gewaltig. Der nächste Tag begann wie gewohnt in aller Frühe. The show must go on!


Lara Lundsgaard-Hansen, Yasemine Willi


(Fotos: Heike Mayer)