„Is Zurich the capital of Switzerland, or is it Geneva?“ – Diese Frage wird einem von Nicht- Schweizern von Zeit zu Zeit gestellt. Die schwache Stellung Berns wird nicht nur im Ausland bemerkt, sondern ist momentan auch im Inland und besonders in der Region Bern ein Diskussionsthema. Im Rahmen des Capital City Studios haben wir uns konkret mit der Rolle der Hauptstadt Bern auseinandergesetzt, wie auch mit gesamtschweizerischen Entwicklungstrends in urbanen und ländlichen Regionen.
Das Capital City Studio ist eine fortlaufende Veranstaltung der Gruppe Wirtschaftsgeographie am GIUB und 21 Masterstudierende hatten die Gelegenheit bei der erstmaligen Durchführung dabei zu sein. Unter der Leitung von Professorin Heike Mayer und Anne Wolf wurde ein sehr vielfältiges Programm geboten. Wir Studierenden konnten uns das Wissen partizipativ und praxisorientiert durch Expertenvorträge, Exkursionen und ein Rollenspiel erarbeiten. Über die ganze Woche wurden durch die verschiedenen Inputs die Thematiken von unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Dies hat viele spannende Diskussionen ausgelöst.
In die Woche starteten wir mit einem dichten Vortragsprogramm. Mit Professor emeritus Paul Messerli, der sich seit langem mit der Hauptstadtregion auseinandersetzt, unternahmen wir eine Zeitreise durch die historische Entwicklung Berns. Daraufhin folgte ein Beitrag von Daniel Wachter vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) zu Trends in der Raumentwicklungspolitik. Der Nachmittag stand ganz unter dem Zeichen der Neuen Regionalpolitik (NRP), die neue Strategie des Bundes um die Standortvoraussetzung für ländliche Regionen zu verbessern.
Am Dienstag reisten wir von der Bundeshauptstadt Bern in das metropolitane Basel. Dort erhielten wir Einsicht in die Entwicklungsstrategien für die Metropolitanregion Basel und erfuhren, wie mit der Herausforderung der trinationalen Zusammenarbeit umgegangen wird. Basels Leuchtturm, die starke Vertretung der Life Science Industrie, wurde uns dann mit einer exklusiven Führung durch den Novartis Campus genauer vor Augen geführt. Nach dem Passieren der Eingangspforten befanden wir uns in einer luxuriösen kleinen Stadt. In von Stararchitekten entworfenen Gebäuden, umgeben von eindrücklicher Kunst und Parks wird dort fleissig geforscht und entwickelt. Die glänzende Hülle der Novartis imponierte und regte kritische Diskussionen unter uns Studierenden an.
Wieder zurück in Bern, fokussierten wir uns am Mittwoch auf die Hauptstadtregion Bern. Schwerpunkte waren die Verkehrsplanung, die Cluster-basierte Wirtschaftsentwicklung und ein Vortrag von Professorin Heike Mayer zu Entwicklungsparallelen und Unterschiede der beiden Hauptstädte Bern und Washington DC.
Am Donnerstag konnten wir dem Regenwetter auf der Alpennordseite entfliehen und besuchten den Regionalen Naturpark Pfyn-Finges, wo uns aufgezeigt wurde wie das endogene Potential der ländlichen Regionen genutzt werden kann. Regionale Naturparke sind keine Naturschutzgebiete im klassischen Sinne: Nebst den ökologischen Zielen wird auch die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit angestrebt. Mit dem Velo unterwegs erkundeten wir die Natur- und Kulturlandschaft dieser Region. Das sportliche Programm war ein gelungener Ausgleich und gab uns neue Energie für den Schlussspurt.
Die Woche wurde am Freitag mit einem Rollenspiel abgerundet, bei dem das Gelernte aktiv angewendet werden konnte. In Zweiergruppen versetzten wir uns in die Rollen von verschiedenen am Entwicklungsprozess der Hauptstadtregion Schweiz beteiligten Stakeholder. Jede Stakeholdergruppe stellte ein Projektkonzept vor, das die Region Bern in ihrer Rolle als Hauptstadt stärken und ihre nachhaltigen Entwicklung fördern soll.
Haupterkenntnisse dieser Woche bezogen auf die Entwicklung der Hauptstadtregion war, dass diese die Anwesenheit der Regierung und der öffentlichen Verwaltung in Wert setzen und das Merkmal ‚Verwaltungsstadt’ ins Positive kehren soll. Anstatt mit den drei Metropolitanräumen Zürich, Genf und Basel zu wetteifern, soll sich Bern als politisches Zentrum der metropolitanen Schweiz profilieren. Christoph Koellreuter von Metrobasel bringt es auf den Punkt: „Bern ist anders, aber gleichwertig.“
(Quelle: Protokoll, Andrea Keller und Maria Paulsson, 18. Juni 2010)
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