Montag, 27. Juni 2016

Tag 8: Renaturierungen im Neuseenland

Mit viel Motivation sind wir am frühen Donnerstag aufgestanden um in den zu stark klimatisierten Bus einzusteigen und das Neuseenland zu erkundigen. Die Landschaft ist geprägt durch grosse Seen, welche durch grüne Vegetation umrandet ist, das war jedoch nicht immer so. Diese auf den ersten Blick natürliche Landschaft hat eine besondere Geschichte.

Unsere Führung startete am Markleebergersee. Ursprünglich war das Umland von Leipzig durch eine Auenlandschaft geprägt. Das Land war sehr nährstoffreich dank des Wechsels zwischen Überflutungs- und Trockenperioden und wurde landwirtschaftlich genutzt.  

 Velotour ins Leipziger Umland. (Foto: Tanja Studer)

Der Tagebau hat sich vor rund 100 Jahren in der ganzen Region begonnen zu verbreiten und riesige Gruben entstanden. Zu DDR-Zeiten war der Braunkohleabbau der Haupterwerb von mehreren Ostdeutschen Regionen (siehe Blogeintrag Tag 5). Seit der Wende wurden die meisten Werke still gelegt und die Gruben renaturiert. Man muss sagen, es ist ihnen gelungen.

Renaturierung im eigentlichen Sinn kann in dieser Region nicht beobachtet werden, da es sich nicht um natürliche Gewässer handelt, sondern um künstliche Gewässerräume. Sie sind entstanden um die Auswirkungen des Braunkohleabbaus in der Landschaft zu verbergen. Die Landschaft ist nun zu einem starken Tourismus- und Naherholungsgebiet der Region geworden.

tak tak tak… unsere spannende Führung wird durch ein Geräusch gestört, die uns von den Erklärungen des Reiseführers ablenken. Nach einem nervenkitzelnden Weiterfahrt fahren wir von der Autobahn. Unser Bus muss in die nächste Garage und wir können den Rest des Nachmittags frei verfügen, da Ferropolis der Panne zum Opfer fällt. Nach einer angeregten Diskussion über die Folgen des Tagebaus wie beispielsweise die Versaurung des Wassers, machen wir uns auf den Weg nach Leipzig und teilen uns auf. Manche waren im zeitgeschichtlichen Forum, andere auf dem Zahn, dem Hochhaus von Leipzig oder haben den touristischen Erfolg der Seen untersucht.
Blick vom Zahn in Leipzig. (Foto: Tanja Studer)

Nach einer letzten Diskussionsrunde, einem Abschlussabendessen und Frühstück verabschieden wir uns voneinander und machen uns am Freitag auf den weiteren Weg. Vielen Dank an alle für den gelungen Feldkurs, besonders an die Organisatoren. Es war spannend, lehrreich und lustig.


Sara Claveria Martinez und Tanja Studer

Sonntag, 26. Juni 2016

Tag 7: Soziale Bewegungen

Am Morgen setzten wir die Fahrt im Bus Richtung Leipzig fort. In einer Feriengartensiedlung in Machern, versteckt unter einem Bungalow, betraten wir einen 1989 von der Öffentlichkeit entdeckten Stasi-Bunker. Hier hatte die Stasi 1968 eine Kommandozentrale für den regionalen Führungsstab errichtet.  Uns wurde bewusst, wie paranoid sich die Stasi zu Zeiten der DDR verhielt und welche Bedeutung der Machterhalt zu Zeiten der DDR hatte. Die Infrastruktur zielte darauf ab, die Kommunikation in allfälligen  Krisensituationen mit äusserst modernen Anlagen aufrechtzuerhalten.

Die absurden und perfiden Methoden der Stasi und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung wurden uns am Nachmittag, während der Stadtführung nachvollziehbar vor Augen geführt. Gerade der Ort in / um die Nikolaikirche in der Leipziger Innenstadt weist heutzutage anhand verschiedener Symbole darauf hin, wie wichtig dieser Ort für die Geschichte und die Identität der Bevölkerung Leipzigs bzw. des ehemaligen Ostens ist. Ein fassförmiger Brunnen, an dessen Rändern das Wasser überläuft, steht dafür, dass 1989 „das Fass voll war“ und eine soziale Bewegung entstehen konnte, die sich für „ein offenes Land mit freien Menschen“ einsetzte. Eine palmenförmige Säule, die den Trägern in der Nikolaikirche nachempfunden ist, steht für die Entstehungsgeschichte der sozialen Bewegung, die aus den montäglichen Versammlungen zum Friedensgebet in der Nikolaikirche hervorgingen und schliesslich nach aussen eine Mobilisierung der Massen gegen das Regime in Gang setzte, die sich auf andere Städte der DDR übertrug.

Interessant ist die Aussage, dass sich die AnhängerInnen rund um die rechtsextremen Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (in Leipzig: LEGIDA) an diesen Ort nie „trauen“ würden. Selbst wenn sich die DemonstrantInnen über „Montagsdemonstrationen“ auf die Geschichte berufen, ist die Zuschreibung des Ortes  mit Freiheit und Frieden bzw. Wiedervereinigung verbunden und steht für die Offenheit und die Kraft zur Veränderung, die sich nicht missbrauchen lässt.

Umgenutztes Tapetenwerk in Leipzig (Foto: Martin Warland)


Die Bedeutung der Identität der LeipzigerInnen wurde auch am letzten Standort im tapetenwerk sichtbar. Das tapetenwerk ist ein im Jahr 2007 aus einer ehemaligen Industriebrache hervorgegangenes ökonomisches Kultur- und Kreativzentrum. Die Abgrenzung zum für die Kultur- und Kreativwirtschaft bekannten Hot-Spot Berlin wurde in der Führung durch die Werkstätten von der Eigentümerin über das Selbstbewusstsein betont. „Es gibt nicht nur Berlin, Leipzig ist auch wer.“ Leipziger sind stolz auf sich und ihren Beitrag zur Geschichte der Wiedervereinigung und sie wollen ihre Stadt vorwärts bringen. Die Offenheit und die vorhandene Kraft zur Veränderung einzutreten, versuchen sie nun teilweise auch kommerziell zu nutzen und aus den Ruinen der Geschichte etwas Neues zu kreieren.

Fabienne Herzog und Andreas Gerber

Freitag, 24. Juni 2016

Tag 6: Hippe Szenenviertel und barocke Kirchen – Dresden unter der Lupe von Zeichen und Stereotypen

Was denkt ihr, wenn ihr das Stichwort „Szeneviertel“ hört?

(Fotos: Katharina N. und Hannah A.)

Hip – kreativ – Urban Gardening – jung – dynamisch – Kunst, alternativ – Protest-Graffiti, lebendige Atmosphäre – Kneipen und Bars... unsere Exkursionsgruppe zusammen mit Jan Glatter, Kulturgeograf und für uns Stadtführer, beschreibt ein Szeneviertel mit obengenannten Begriffen. Was sind Kennzeichen eines Szeneviertels? Es zeigt sich, dass wir sozusagen ein gemeinsames Vorstellungsbild teilen.


Dieses Beispiel verdeutlicht das Konzept des Stereotypen: Nämlich, dass wir alle einem Begriff eine ähnliche Bedeutung zuschreiben. Da wir aber ein Szeneviertel nicht irgendwie vermessen können, schauen wir mit Jan Glatter auf Zeichen im Raum (bildliche oder sprachliche), die auf den Stereotypen des Szeneviertels verweisen.

Ein Beispiel für ein Zeichen sind Protestgraffitis wie das Folgende:


Viele Zeichen machen dieses Graffiti als Ensemble sichtbar und werfen Fragen auf:
Warum ist es hier? Ist es ein Zeichen für eine drohende Yuppiefizierung oder für eine, die bereits besteht? Ist es ein Zeichen für eine Straftat, oder öffentliche Kunst?
Obwohl wir alle dasselbe Zeichen betrachten (in diesem Fall das Graffiti) können wir es unterschiedlich deuten.

Am Beispiel der Frauenkirche wird ersichtlich, wie ein und demselben Objekt unterschiedliche Bedeutungen zugeschrieben wurden. Im Verlauf der Zeit, je nach politischem Kontext, wurde die Symbolik der Kirche verändert:


Der Nachmittag stand im Zeichen der Vermessung:
1. Museumsbesuch in der Kunsthalle, zum Thema der „Rassentheorie“
2. Besuch des mathematisch-physikalischen Salons im Zwinger
  
Der Tag endet ganz im Sinne des „Szeneviertels mit einem Konzert des Dresdener Kneipenchores mitten auf der Strassenkreuzung, welches sein Ende nach 15 allerletzten Liedern durch das Erscheinen der Polizei fand.

Katharina N. und Hannah A.

Mittwoch, 22. Juni 2016

Tag 5: Raumbezogene Postkommunistische Transformationsprozesse

An diesem Tag verliessen wir pünktlich Berlin, standen jedoch leider eine Stunde im Verkehrsstau fest. Als wir dann das stillgelegte Braunkohletagebauwerk Lichterfeld F60 in der Region Lausitz erreichten, erhielten wir eine sportliche Führung über die Förderbrücke, die zu unserem Glück noch nicht gesprengt worden war und von einem Förderverein zu einer BesucherInnenattraktion umgewandelt wurde. Der Tagebau wurde 1988 errichtet, war jedoch nur 13 Monate in Betrieb, da nach der Wende ein postkommunistischer Transformationsprozess auf verschiedenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ebenen eintraf. Einerseits litt die Braunkohleindustrie an Absatzschwierigkeiten, da Öl und Gas als neue Energieträger aus dem Westen auf den Markt kamen. Anderseits gab es in der Region Lausitz noch 4 andere Tagebauwerke, die immer noch in Betrieb sind. Die Transformation ist im Raum an dem übriggebliebenen 330ha grossem Restloch, das bereits mit Wasser geflutet wurde, der Infrastruktur und der Renaturierung  der umliegenden Flächen sichtbar.
Besichtigung des Braunkohletagebauwerks Lichterfeld (Foto: Martin Warland) 
Gestärkt durch ein typisch ostdeutsches ArbeiterInnen-Gericht, nämlich Kartoffelsuppe mit Bockwurst, fuhren wir weiter Richtung Osten mit einem kurzen Zwischenstopp bei dem aktiven Tagebau Welzow, wo wir die eindrückliche Landschaftsveränderung durch Braunkohleförderung hautnah beobachten konnten.
In Hoyerswerda angekommen, erhielten wir eine interessante geschichtliche und wirtschaftliche Stadtführung von einer Vertreterin des städtischen Raumplanungsamts. Diese Stadt ist geprägt von einer raschen Bevölkerungszunahme durch die Eröffnung eines Braunkohlenkraftwerks namens „Schwarze Pumpe“ im Jahre 1955. Alle Hoffnung wurde auf diesen Industriezweig gesetzt und man baute innert kürzester Zeit viele Wohneinheiten mit funktionalem Unterbau. Anfangs der 50-er Jahre betrug die Bevölkerung 18‘000 EinwohnerInnen, die bis um 1980 ums 4-fache wuchs. Dann begann jedoch ein Schrumpfungsprozess, der sich mit der Wende noch verstärkte. Heute zählt Hoyerswerda nur noch 34‘000 EinwohnerInnen.
Die Wende leitete verschiedene Transformationsprozesse ein und hatte Folgen auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Einerseits verlor der Braunkohlensektor an Wichtigkeit, was einen Verlust von Arbeitsplätzen bedeutete. Andererseits wurde auf politischer Ebene die Nachbarstadt Cottbuss zum regionalen Zentrum erwählt, womit die Fördermittel in diese Stadt flossen. Zudem hielt die fehlende Identität mit der Arbeitsstadt viele auf der Suche nach Arbeit oder Heimat vor der Abwanderung nicht zurück. Angesichts der vielen leerstehenden Wohnungen, welche der Stadt gehörten, wurde ein Rückbauungsprozess der am Stadtrand gelegenen Wohnkomplexen eingeleitet. Die zurückgebauten Flächen sind heute bereits grüne Aufforstungsflächen. Nur noch ein paar einzelne Betonstrassen, Häuser und Einkaufszentren erinnern an die einst dagewesenen Wohnkomplexen.
Es scheint jedoch, dass die Stadt bis heute immer noch unter einem schlechten Image leidet, sei dies wegen einer Arbeitslosigkeit von 19% oder dem Ruf von Rechtsextremismus. Insgesamt versucht die Stadtplanerin im Schrumpfungsprozess jedoch auch etwas Positives zu sehen und meint: „Eine kleine Stadt kann auch schön sein. Man muss nicht immer schneller, grösser und besser sein.“ Mit einem Bürgerbeteiligungsprozess versucht die Stadtverwaltung nun vermehrt die Interessen der BürgerInnen in die Stadtentwicklung miteinzubeziehen. Auch wollen sie in Zukunft mit Stadtmarketing das schlechte Image aufbessern.
Am Abend im Dresdner Szenenquartier eingecheckt, gingen wir zum Abschluss des Tages im Restaurant „Planwirtschaft“ essen, wo bei der Bestellung zwar nicht alles nach Plan lief, jedoch die Diskussionsatmosphäre besonders fruchtbar war.
 Sybille Vogel und Mirjam Bühler

Tag 4: Boomende Hauptstadt Berlin

Berlin boomt, zweifelsohne. So wie wir auch, besuchen jährlich mehr als 10 Millionen Gäste die Deutsche Bundeshauptstadt. Die Tendenz ist nach wie vor steigend. Doch was genau macht diese Stadt aus? Was beflügelt das Wachstum? Berlin hat eine bewegte Vergangenheit. Der zweite Weltkrieg und die danach erfolgte Teilung Berlins ist noch heute sicht- und erlebbar. Die Stadt ist sich dessen bewusst und bietet zahlreiche Möglichkeiten, in die Geschichte einzutauchen. Besonders eindrücklich war es für uns, an teils noch nicht restaurierten Gebäuden Einschusslöcher aus den letzten Kriegstagen zu sehen. Allgegenwärtig ist auch die Berliner Mauer. An der Bernauer Strasse haben sich einige unserer Gruppe einen restaurierten Sperrstreifen angesehen. Dies war allerdings nur möglich, da dort (noch) nicht das ganze ehemalige Grenzgebiet bebaut wurde. Im krassen Gegensatz dazu steht der Potsdamer Platz, ebenfalls ehemaliger karger Grenzstreifen, den wir unter der Leitung eines Architekten erkundet haben. Imposante, zeitlose Bauten prägen den Ort, der in der Vorkriegszeit einst die befahrenste Kreuzung ganz Berlins war.

Besuch des Potsdamer Platzes (Foto: Dominik Rhiner)

Als wortwörtlicher Höhepunkt des Tages stand der Besuch der Reichstagskuppel auf dem Programm. Vom 54 Meter hohen Regierungsgebäude bot sich uns ein phänomenaler Ausblick über die Stadt und die restlichen Sehenswürdigkeiten wie Fernsehturm, Brandenburger Tor, Siegessäule und das nah gelegene Regierungsviertel, welche später auch noch zu Fuss erkundet wurden.
  
Das Reichstagsgebäude in Berlin (Foto: Dominik Rhiner)

Spaziergang am Abend durch das Regierungsviertel (Foto: Dominik Rhiner)

Egal ob die Touristen nun wegen der normalen Sehenswürdigkeiten, der Geschichte, den vielen (National-)Museen oder der Atmosphäre wegen kommen, sie alle sichern einer Viertelmillion Berlinern die Arbeitsstelle  und sorgen dafür, dass jährlich über zehn Milliarden Euro in der Berliner Tourismus-Branche umgesetzt werden.

Dominik Rhiner und Andreas Betschart

Dienstag, 21. Juni 2016

Tag 3: Besonderheiten der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg


Tag drei stand unter dem Thema „Besonderheiten der Hauptstadtregion“. Dazu besichtigten wir den Technologiepark Adlershof und den noch nicht fertiggestellten Flughafen Berlin-Brandenburg BER. 

Über den Dächern des grössten Technologieparks Deutschlands. (Foto: Wolfdietrich Peiker)

Der Wirtschaftsgeograph Dr. Peiker führte uns durch das Technologie-Cluster Adlershof. Der Wissenschafts- und Technologiepark Adlershof zeichnet sich durch eine hohe Konzentration von Unternehmen und Forschungsinstituten der Bereiche Materialwissenschaften, Photonik sowie Informations- und Kommunikationstechnologie aus. Während die Forschungsinstitute und die Firmen bereits erfolgreich interagieren, besteht bei der Zusammenarbeit mit den Universitäten noch Potential. Damit sich dieser sogenannte Triple-Helix der Beziehungen zwischen den Akteursgruppen schliesst, ist eine Überwindung des Gegensatzes zwischen der unternehmerischen Profitorientierung und der universitären Grundlagenforschung nötig. Da die Infrastruktur für den spontanen Wissensaustausch der Akteur_innen noch wenig ausgebaut ist, werden Beziehungen zu vielversprechenden Partner_innen nach wie vor gezielt gesucht. Nichtsdestotrotz sprechen das stetige Beschäftigungswachstum, die abnehmenden Subventionen, die fortschreitende Bautätigkeit sowie die klaren Multiplikatoreffekte für den Erfolg des Technologieparks. 

Von der lang ersehnten Eröffnung des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg erhoffen sich die Beteiligten des Technologieparks eine noch bessere internationale Anbindung. Mit den Problemen und Herausforderungen des Flughafen-Megaprojekts wurden wir nachmittags vertraut gemacht. Hauptsächlich zwei Gründe führten zur mehrmaligen Verschiebung des Eröffnungstermins. Einerseits haben sich die neuen Rauchabzüge als technisch ungeeignet erwiesen. Andererseits musste aufgrund der unterschätzten Nachfrage von jährlich 24 Millionen Durchreisenden, eine nachträgliche Erweiterung des Flughafens auf 36 Millionen Passagiere vorgenommen werden. Hierzu entschied sich die Geschäftsleitung für einen Ausbau des bestehenden Flughafens Berlin-Schönefeld. Laut unserem Gesprächspartner der Betreibergesellschaft zieht dies einen „Rattenschwanz an Problemen“ mit sich wie z.B. eine veränderte Statik bei den Gebäuden. Diese Probleme verursachen täglich Verluste in der Höhe von 1,4 Millionen Euro und eine Verdreifachung der Fertigstellungskosten auf über 6 Millionen Euro. All dies wird durch das bisherige Fehlen eines Generalunternehmers für das Flughafenprojekt verstärkt, da so eine unkoordinierte Abfolge der Bautätigkeiten erfolgt. Im Innern des sich im Bau befindenden Terminals beendeten wir unsere Tagesexkursion mit einer aufschlussreichen Fragerunde.


Besichtigung und Gespräch im noch nicht eröffneten Flughafen Berlin-Brandenburg. (Foto: Wolfdietrich Peiker)

Die Besichtigung des Technologieparks Adlershof und des Flughafens Berlin-Brandenburg eröffnete uns Studierenden interessante Einblicke in einige Erfolge und Herausforderungen der deutschen Hauptstadtregion.

Antoni Meimetis, Pascal Tschumi

Tag 2: Zwischen Kooperation und Konkurrenz

In Potsdam haben einst drei Männer die Welt aufgeteilt. Noch heute wird darüber verhandelt, wie man über diese «neuen» Grenzen hinweg kooperieren will, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein.

Josef Wissarionowitsch Dschugaschili, genannt Stalin, trägt eine helle Uniform mit der Auszeichnung «Held der Sowjetunion» und Winston Leonard Spencer Churchill ein Kriegskleid aus der Schlacht von Omdurbman von 1898. Harry Spencer Truman erscheint in einem blassen Schlips. Er soll den Vorsitz der Konferenz übernehmen. Truman lässt sich nicht zweimal bitten. Gerade wurde ihm der Erfolg der «Operation» in der Wüste Mexikos beschieden. Möglicherweise eine willkommene Abkürzung der Geschichte.

Am 17. Juli 1945 wird im Potsdamer Cecilienhof über die Frage verhandelt, die die Menschen seit je umtreibt: Wie arbeiten Individuen aus verschiedenen geographischen Räumen zusammen und wo liegen die Grenzen oder sollen die Grenzen zu liegen kommen? Obwohl 2016 Krieg und Trennung überwunden sind, wird auch heute darüber verhandelt, wie die regionale Zusammenarbeit ausgestaltet werden soll.

26 Jahre nach dem Mauerfall befindet sich Potsdam in einem wirtschaftlichen Spannungsfeld. Ein ökonomischer Konkurrenzkampf, ein Wettbewerb zwischen Städten, Regionen, Ländern und Kontinenten, ein Kampf zwischen Geschäften, Unternehmen und Konzernen. Und doch ist Kooperation, Zusammenarbeit nötig, um erfolgreich zu sein. Aktuelle wirtschaftsgeographische Erkenntnisse wie die Clustertheorie legen das nahe, Unternehmerinnen und Unternehmer haben es erkannt.

Eine Studierenden-Gruppe des Geographischen Instituts hat dem heutigen Potsdam einen Besuch abgestattet. Zwei Geographen der Zukunftsagentur Berlin-Brandenburg zeigten auf, wie in ihrem Bundesland die Wirtschaftsförderung funktioniert. Und ein Potsdamer Stadtplaner machte deutlich, was es bedeutet, zwischen widerstrebenden privaten und öffentlichen Interessen eine wachsende Stadt der Grösse Berns zu planen. Dargelegt nun drei zentrale Erkenntnisse, die wir dabei gewonnen haben. Immer unter der vorgegebenen Perspektive «Interregionalen Kooperation».

Führung durch Potsdam
  • Potsdam im Spannungsfeld zwischen Peripherie und Zentrum:
Aus Sicht der Berliner ist Potsdam mit seinen gut 160’000 Einwohnerinnen und Einwohnern Peripherie. Gleichzeitig ist es die Landeshauptstadt Brandenburgs und nimmt wichtige Zentrumsfunktionen war. Ohne die ländlichen Gebiete zu vernachlässigen, versucht Potsdam an der zukunftsorientierten und erfolgsversprechenden Wirtschaftsstruktur Berlins anzuknüpfen.
  •   Mehr als Cluster
In diesem Spannungsfeld steht die Brandenburger Wirtschaftsförderung ZAB. Mit der Einführung eines Clusterverständnisses vernetzen sie die ansässige Wirtschaft intra- und interregional sowie intra- und international.  Dabei versuchen sie auf mehr Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Akteuren aus Wissenschaft und Ökonomie hinzuwirken. Wissenstransfer, Triple Helix und Cross-Cluster sind die Schlagwörter.
  • Die «arroganten Berliner» und «bescheidenen Brandenburger»
Auch Berlin betreibt aktive Wirtschaftsförderung. Sie arbeiten eng mit der brandenburgischen  ZAB zusammen. Durch die geographische Nähe decken sich die Interessen und Aufgaben der Förderer häufig. Redundanzen und Doppelspurigkeiten entstehen, welche die notwendige, interregionale Kooperation über die administrative Grenze hinweg erschweren. Die Frage liegt auf der Hand, weshalb die Berliner Insel nicht mit dem Brandenburger Ländle fusioniert. Eine dahingehende Volksabstimmung wurde 1996 bachab geschickt. Lokale Gesprächspartner schreiben neuen Begehren kaum Chancen zu. Berlin würde mit dem Brandenburger «Speckgürtel» an globale Metropolen anknüpfen, sagen sie. Die ländliche Brandenburger Bevölkerung befürchte dann, von einem neuen Riesenzentrum vernachlässigt zu werden. Mit «Brandenburgischer Bescheidenheit» und «Berliner Arroganz» treffen hier Klischees aufeinander, die gerne weitertransportiert, -reproduziert und manchmal auch politisch befeuert werden.

Zum Thema Kooperation haben wir die Gesprächspartner interviewt: https://youtu.be/9eN3UreRT7s

Michael Scheurer, Manuel Brunner